Installationen für Kinder

MEET: FX Factory
Förderprogramm der Bund-Länder-Kommission: Kulturelle Bildung im Medienzeitalter/MEET
        
Der geniale Tüftler WHOOZIT arbeitet im Labor der FX Factory, einem Studio für special effects, schon lange an einer Erfindung.
Bisher sind seine phantastischen Maschinen noch nicht auf großes Interesse gestoßen.
Um so mehr ist WHOOZIT überrascht und sehr aufgeregt, als sich das Nobelpreiskomitee zu einer Vorführung ankündigt.
WHOOZITs Vorbereitungen für die Demonstration laufen auf Hochtouren, als etwas Unerwartetes geschieht!
Allein wird er das Problem nicht lösen, seine einzige Hoffnung ist Hilfe von außen, seine Erfinderkollegen ... Die Kinder betreten den abgedunkelten Raum und befinden sich gleich auf einer großen quadratischen Fläche, die das Labor des Tüftlers WHOOZIT darstellt. WHOOZIT ist gerade dabei, seine neueste Erfindung vorführbereit zu machen. Doch es gibt Probleme. Jetzt müssen die Kinder tat- und bewegungskräftig helfen, die neue Maschine in Gang zu setzen.
Ersonnen und realisiert wurde FX Factory von der Autorenwerkstatt MEET (unter der Leitung der New Yorker Künstlerin Doris Vila, Musik: David Weinstein).



FX FACTORY 
Interaktive Installation für Kinder
Ein Projekt der Bonner Entwicklungswerkstatt für Computermedien im Rahmen des Modellvorhabens MEET (Multimediatheater Education Environments)

2001 Autorenwerkstatt MEET: Bodo Lensch (Produktion, Gesamtleitung), Doris Vila (künstlerische Leitung), David Weinstein (Musik), Peter Serocka (Virtual Set, Grafikanimation, Tracking), Petr Zubek und Gudrun Teich (Virtual Actors, Animation),Biljana Biba Vickovic (Illustration) Cindia Wong (Grafik, Animation), Aeldrik Pander (Sound,Audiodome-Programmierung), Bernd Bleßmann (Programmierung, Netzwerk), Birgit Günster (Medien- und Theaterpädagogische Begleitung), Robert Solomon (Choreographische Begleitung), Fares Rahmun (Akustikdesign, Audiodome-Hörspiel)


FX Factory ist eine szenisch gegliederte interaktive Installation für eine Gruppe von 5-8 Kindern. Die Vorgaben für die Dimensionen des Environments sind die Unterstützung der Interaktion in Gruppen und die Unterstützung kooperativer Strategien der Gruppenmitglieder. Die Zielgruppe sind Kinder im Grundschulalter zwischen 6 und 10 Jahren.


Die technische Grundlage ist eine im Animax Multimediatheater entwickelte Form der interaktiven Medienbühne.  Der Aktionsraum der Kinder ist definiert durch eine 8X8 m große mit weißem Tanzboden gekennzeichnete Fläche im Zentrum des abgedunkelten Theaterraumes, auf gleichem Niveau liegend wie der übrige, jedoch schwarz eingefärbte Boden. Im Unterbau ist diese Fläche als Schwingboden , wie es im Tanztheaters üblich ist, ausgeführt. Im Oberbau besteht die Fläche aus 144 quadratischen schwingungsfähigen Holzelementen, jeweils ausgestattet mit einem 50W Soundfloor Element.


Über der Fläche, in der Mitte der 4 Quadranten, befinden sich in 6,5 m Höhe vier Marquee 8500 Datenprojektoren mit nach unten gerichteter Optik. Neben den Projektoren sind jeweils eine nach unten gerichtete CCD-Kamera mit Infrarotfilter sowie ein 50 W Infrarot-Fluter angebracht. Überwölbt wird der Aktionsraum von einer kuppelförmigen Anordnung von 40 Lautsprechern, deren unterer Ring einen Durchmesser von 14 m hat (Audiodome). Mittels der Projektoren und eines PC-basierten modularen Systems zum Aufbau beliebig großer Displays zur Grafikdarstellung auch unter Einbeziehung von Video, wurde eine 8X8m große Bodenprojektion realisiert.


8 Kinder können durch ihre Position und Bewegung, auch Aktionen wie z.B. springen, die Inhalte der Bodenprojektion individuell und in der Gruppe sowie in Subgruppen beeinflussen. Sie tragen schwarze Baseballkappen, die oben mit Infrarotlicht-reflektierender Folie ausgestattet sind. Das Videotracking erfaßt die IR-Lichtreflektion und ist durch die vier eingesetzten Kameras und Rechnersysteme bei 8 Kindern ausreichend schnell und zuordnungsstabil. Stereoskopische Auswertung ermöglicht die Einbindung von Aktionen wie z.B. springen.
Die interaktiv steuerbaren Grafiken und ihre szenische Abfolge finden sich in einem den vier Darstellungsrechnern vorgelagerten Programmodul auf der Steuermaschine.
Hier werden die Daten der Eingabemedien interpretiert und zur Steuerung der Grafik herangezogen, wie auch Grafikevents zum Trigger für akustische Events werden können (z.B. Kollision von Flächen: Underscoring als Medium der Trickfilmvertonung).


Eine zusätzliche Projektion (320 X 120 cm) befindet sich 3m von Rand der Aktionsfäche entfernt in etwa 2m Höhe. Sie gibt Einblick in den Regieraum der FX Factory, von wo aus der junge Erfinder WHOOZIT sich später an die Kinder richtet.
Ziel war zunächst, die Grundfunktionsmuster, das Skelett späterer Szenen zu erforschen.  Mit dem Hand- und Kopfwerkzeug mathematischer Visualisierung zur Grafikanimation unter Einbeziehung der Trackingdaten, also mit deren unmittelbarer visueller Interpretation, entstehen kleine Spielsituationen mit eigenen Strategien, Lösungsmustern, Dramaturgien:

Trackingvisualisierung
  -  Darstellung der Positionen der getrackten Personen als kreisförmige, farbige Marker auf der Bodenprojektion.Zusätzlich: Anzeige der abgeleiteten vektoriellen Geschwindigkeiten und Beschleunigungen als Pfeile. Klassifikation verschiedenen Bewegungsformen (ungerichtetet vs. gerichtete) Bewegung und Darstelllung durch farbliche Kodierung.


Lichtkegelspiel
  -  Anwendung der Trackingvisualisierung. Die Markerflächen wirken wie Lichtkegel von Lampen oder Scheinwerfern, welche Ausschnitte eines scheinbar fest auf dem Boden befindlichen Bildes beleuchten, whrend die Umgebung schwarz oder unsichtbar bleibt. Der Durchmesser der virtuellen Lichtkegels nimmt mit der Bewegungsgeschwindigkeit zu. In der FX Factory als Suchspiel eingesetzt, wobei das Bildmaterial zusätzlich animiert wurde (s.Maschinen).


Spurenspiel
  -  Anwendung der Trackingvisualisierung, speziell der Farbkodierung unterschiedlicher Bewegungsformen. Marker wirken als virtuelle Stifte oder Pinsel, hinterlassen also bleibende Farbspuren auf der Bodenprojektion. Eingesetzt als "Mal-Maschine" (Purple Harmony Engine) in der FX Factory.


Plasma-Billard
  -  Lichtpunkte auf der Bodenprojektion können von den getrackten Personen durch Anstoßen und Verdrängen in Bewegung gesetzt werden. Die Lichtpunkte verhalten sich einerseits ähnlich wie Billardkugeln, indem sie untereinander und am Spielfeldrand (Bande) stoßen können. Gleichfarbige Lichtpunkte suchen aber auch gegenseitige Nähe und klumpen zu plasmahnlichen Gebilden zusammen. Motiviert durch vereinfachte Modelle aus der Molekülphysik. Eingesetzt in der FX Factory als Spiel zur Abwehr einer Gefahrenquelle.


Gitterspiel 
  -  Die getrackten Personen hinterlassen farbige Spuren in einem festen quadratischen Raster. Die Grundfläche und die erzeugten Spuren drehen sich langsam um dem Mittelpunkt der Spielflche, ähnlich einer Drehbühne.In der FX Factory besteht das daraus entwickelte Spiel darin, vorgebene Punkte mit passenden, farbigen Leitungen zu verbinden, um damit eine "Schaltzentrale" zu reparieren.

      
Schichtenspiel
  -  Verschiedene, teilweise transparente grafische Schichten werden übereinander auf den Boden projiziert und erwecken der Eindruck von Tiefe oder von einem Raum unterhalb der Bodenebene. Die oberste Schichten bestehen aus quadratrischen Platten, die bei ihren Auftreten die darunterliegen Schichten vollständig überdecken, bzw. bei ihren Verschwinden freigeben. In der FX Factory "versiegeln" die getrackten Personen die unterste grafische Ebene (das Gitterspiel) mit Schichten solchen virtueller Platten.


Wirbelama
  -  Durch Umlaufen des Bühnenmittelpunktes erzeugen die getrackten Personen sukzessive einen Wirbel oder Strudel aus Dreiecken auf der Bodenprojektion. Diese verselbstständigt sich und füllt kurzzeitig die gesamte Bodenfläche aus, bevor er sich zum Bühnenrand hin auflöst und den Blick auf eine neue grafische Schicht freigibt. In der FX Factory dient dieser Effekt zum Übergang in eine neue Spielszene.

Aus diesen Animationen setzt sich zusammen mit den die Story von FX Factory bestimmenden Bildfolgen und Klangelementen das szenische und dramaturgische Skelett zusammen. Nachdem die Kinder ihre mit Reflektoren ausgestatteten Mützen aufgesetzt haben und die Aktionsfläche im abgedunkelten Animax-Saal betreten haben, beginnt das Spiel mit einem Prolog: Ein slapstickartiges lustiges Panomarahörspiel bringt die Kinder dazu, im Halbdunkel die tatsächlich im Raum vorhandenen vorher aufgezeichneten Schallquellen zu orten und anzuschauen (Schritte von der Bühnenumgebung zur auf die Galerie führende Holztreppe, Stufenknarren, Galerieboden, das Stoßen von WHOOZITs Kopf an eine
Stahlstange mit einem Schmerzensschrei, der den dauernden Monolog des fehlersuchenden WHOOZIT unterbricht, das Umherirren auf der Griddecke und schließlich das Herabpoltern zum Regiefenster wo der Erfinder schließlich als Comicfigur erscheint und die wartenden Kinder bemerkt).

Die Veranstaltung vom 9.1.2002 - 3.3.2002 wurde gut angenommen und war nach einem am 25.1. landesweit vom WDR in der Sendung “Servicezeit Familie” innerhalb von wenigen Tagen ausverkauft. Das psychologische Institut der Universität Bonn ist in die wissenschaftliche Begleitung der FX Factory und somit des MEET-Projektes eingebunden. PD Dr. Michael Kavsek (Abt. Entwicklungspsychologie und pädagogische Psychologie) untersucht im Rahmen einer von ihm betreuten Diplomarbeit die Videoaufzeichnungen des Verhaltens der Kinder. Diese Daten werden mittels eines speziell entwickelten Aufzeichnungssystems durch die BEC bereitgestellt.

________________________________________________________________

MEET: Story Machine 2000
(Autoren: Doris Vila, Dave Weinstein(c)/BEC mit Peter Serocka, Aeldrik Pander u.a.) Präsentationsdauer 1.6.-31.7.2000


"Story Machine" ist eine begehbare Bühne, auf deren drei Seitenwände wie auf deren Boden interaktive Grafikanimationen und Videosequenzen projiziert werden. Die Teilnehmenden, in der Regel eine Gruppe von 6 Kindern, beeinflussen gemeinsam die Gestaltung des Spielortes und den weiteren Verlauf der Geschichte, ihre Bild- und Klangprojektionen.


Für den technischen Aufbau wurde ein kubusförmiger, vollständig abgedunkelter Raum als Grundgerüst gewählt. Innerhalb dieses Kubus wurde eine quadratische Bühne errichtet, die seitlich von je drei um parallel zum Bühnenrand verlaufende Achsen bewegliche Projektionsfächen, ähnlich aufklappbarer Buchseiten, und einer feststehenden Hauptprojektionsfläche begrenzt ist. Die eigentliche Aktionsbühne ist eine quadratische Grundfläche mit dreiseitiger (teils flexibler) Projektionsbegrenzung und vorderseitiger Öffnung für Auf- und Abgänge. Für Boden- und Frontprojektionen sowie die Projektionen auf die seitlichen "Flügel" werden sieben Projektoren eingesetzt, die hauptsächlich im Deckenbereich des äußeren Kubus angebracht sind und mit Spiegelumlenkung arbeiten. Die Audiowiedergabe erfolgt über 24 im Rand- und Deckenbereich des äußeren Kubus angebrachte Lautsprecher, zwei an der Frontprojektion angebrachte Speaker und einen Vibrationsboden unter der 4X4 m großen Aktionsfläche. Mikrophone zur Aufnahme der Vokalkommandos befinden sich seitlich der Frontprojektion, Kameras zur Bewegungs- und Positionsanalyse befinden sich über und hinter der Aktionsfläche. Die Szene ist mit Infrarotlicht beleuchtet. Die Kinder tragen Baseballkappen, in die ein Infrarotreflektor eingearbeitet ist.


Im abgedunkelten Saal betreten die Kinder als Team von sechs Piloten das Raumschiff und entscheiden durch gemeinsame spontane Aktion über Ziel und Verlauf ihrer Reise, in die blauen Tiefen des Ozeans, durch einen rotglühenden Vulkan in das Erdinnere oder in die unendlichen Weiten des Weltraums.
Sie erforschen ihr Reiseziel, überwinden gemeinsam zahlreiche Hindernisse, finden wertvolle Hilfe (einen Schwarm von Augen, der eine Lotsenfunktion übernimmt) und kehren am Ende nach Hause zurück. Immer entscheidet ihr gemeinsames Handeln als Gruppe über ihre Erlebnisse auf dieser Reise. Jeder trägt dazu bei, die nötige "Energie" (visualisiert durch beeinflußbare Bewegungsparameter schwärmender bunter Dreiecke auf den Flügeln/Buchseiten) zu sammeln, um das Ziel zu erreichen. Kooperative spontane Aktionen und gemeinsame Navigation prägen den Ablauf.
Der Besuch der Installation ist in ein Rahmenprogramm eingebettet. Vorab findet unter Anleitung einer Medien- und Theaterpädagogin ein "Pilotentraining" statt:

-Teamfindung/Was ist wichtig für ein gutes Team?/Teamnamen
-Navigieren üben (Bewegungsspiele, bei denen das aufmerksame aufeinander achten und reagieren wichtig ist/einüben von Bewegungsabläufen/-formen, die für die Navigation in der Story Machine wichtig sind)
-Vokalkommandos einüben
-Spiele zu den drei möglichen Welten

Im abgedunkelten Theaterraum werden die Kinder an der Tür empfangen und um das Flugobjekt herumgeführt. Sie erhalten die individuellen Pilotenabzeichen sowie die zum Bewegungs- und Positonstracking nötigen Baseballmützen mit IR-Reflektoren. Schließlich lernen sie ihre Begleiterin/Begleitung Vortek kennen.
Nach der Rückkehr können die Kinder vom Regieraum aus den anderen Teams in der Story Machine zuschauen, in einem digitalen Fotostudio können sie Bilder von den Teams anfertigen und lernen, Licht zu setzen, die Fotos zu bearbeiten und in die Hintergründe der bereisten Welten zu montieren. Mit bereitgestellten Mal- und Bastelmaterialien erstellen die Kinder einen Reisebericht.


Den Abschluß bildet ein Gespräch und eine Führung mit den Kindern. Sie sehen die Story Machine bei Beleuchtung, entdecken die notwendige Computertechnik und bekommen Einblick in ihre Funktionsweise (z.B. Laut-/Bewegungserkennung).
Unter dem Titel "Kinder und Jugendliche in interaktiven multimedialen Raum" hat das Sekretariat für Zukunftsforschung NRW in einer Studie die Wirksamkeit des Projektes und die Zufriedenheit der Zielgruppe untersucht. Hierzu wurden über 200 Kinder und Jugendliche zu ihren Erfahrungen mit "Story Machine" befragt. Zusätzlich wurden die Autoren des Projekts nach ihren Vorstellungen und deren Umsetzung befragt. Abschließend enthält die Studie eine umfassende Darstellung der technischen und inhaltlichen Möglichkeiten, multimediale Installationen auch in einzelnen Komponenten ohne allzu großen Aufwand oder immense Kosten für die kulturelle Bildung in der Jugendarbeit zu nutzen.


Die Befragung der Kinder und Jugendlichen orientiert sich an den grundlegenden Aspekten von "Story Machine": dem mehrdimensionalen Einsatz von Klang und Bild, die sich weitestgehend selbsterklärende Nutzung der Installation, die Einbeziehung des Körpers und der Sinne, die Möglichkeit, mit anderen Nutzern gemeinsam den Fortgang der Geschichte zu erleben und auf die Geschichte einzuwirken. Die Resonanz der Befragten war überwiegend positiv. Die Integration ganzheitlicher Wahrnehmung durch Bewegung, Klang und den Einsatz der eigenen Stimme und die dreidimensionalen Elemente tragen erheblich dazu bei, daß die Installation "von einem Teil der Kinder und Jugendlichen als annähernd perfekte Replik der Realität wahrgenommen wurde" wie es in der Studie heißt. Mehr als alle anderen Faktoren betonten die Kinder in der abschließenden Beurteilung das Erlebnis in der Gruppe. Dies belegt, wie in vielen anderen Studien, daß die Isolation vor dem Bildschirm von den Kindern nicht gewünscht wird oder als positiv empfunden wird.